Merkblatt Videoüberwachung im Kleingarten

 

Die Anzahl an Einbrüchen in Kleingartenanlagen häuft sich seit Jahren und es werden zukünftig kaum weniger werden. Immer mehr Kleingartenpächter wollen sich deshalb besser vor Einbrüchen schützen, denn die Täter haben es nicht nur auf technische Geräte abgesehen, sondern häufig werden auch Gartengeräte, Schubkarren, Sitzgelegenheiten aber auch Lebensmittel und Alkohol entwendet. Zum Verlust der Wertgegenstände tritt dann noch der Sachschaden an der Gartenlaube – durch gewaltsames Aufhebeln von Türen oder Fenstern.

Einige Pächter versuchen diesem Trend zu Einbrüchen in Kleingartenlauben durch die Anschaffung und Einrichtung von Sicherheitstechnik – insbesondere Videoüberwachungs-kameras – zu begegnen. Sicherlich nicht immer eine schlechte Idee, denn Videotechnik kann durchaus eine abschreckende Wirkung auf Täter haben. Zudem können die Aufzeichnungen ggf. einen Täter auch im Nachhinein überführen.

Ein Allheilmittel bietet die Videoüberwachung selbstredend aber nicht: Täter können die entdeckte Technik zerstören oder mitnehmen, sich maskieren oder bei einer offensichtlich installierten Videotechnik davon ausgehen, dass sich lohnende Wertgegenstände innerhalb der Parzelle befinden dürften.

Wir möchten aber aus gebotenem Anlass dennoch einige wichtige Fragen rund um die Videoüberwachung der Parzelle beantworten:

 

1. Allgemeine und grundsätzliche Fragen

1.1. Darf ich an meiner Gartenlaube eine Überwachungskamera anbringen?

1.2. Muss die Kamera fest installiert oder darf sie schwenkbar sein?

1.3. Darf ich auch eine Kamera-Attrappe aufhängen, um Diebe von einem Einbruch  abzuhalten?

1.4. Gibt es bestimmte Voraussetzungen für die Videoüberwachung?

 

2. Persönlichkeitsrechte der gefilmten Personen

2.1. Was bedeutet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung?

2.2 Wieso sind die Voraussetzungen für die Installation einer Überwachungskamera so streng?

2.3. Wenn ich einen Einbrecher gefilmt habe – darf ich das Video ins Internet stellen, um Hinweise der Bevölkerung zu bekommen?

2.4. Wann muss ich die Aufnahmen wieder löschen?

2.5. Welche Rechte hat der Gefilmte?

 

3. Videoüberwachung außerhalb der Gartenlaube

3.1. Darf die Kamera auf öffentliche Wege gerichtet sein?

3.2. Muss ich darauf hinweisen, dass ich mein Grundstück überwache?

 

4. Welche Regeln gelten für Familienmitgliedern?

 

1. Allgemeine und grundsätzliche Fragen

1.1. Darf ich an meiner Gartenlaube eine Überwachungskamera anbringen?

Ja, die eigene Gartenlaube und die eigene Parzelle zu überwachen, sind erlaubt. Die Kamera kann vorsorglich angebracht werden, um Täter von einem Einbruch abzuhalten. Ebenso kann sie nach einem Einbruch oder Diebstahl errichtet werden, um mit Hilfe  der Überwachungskamera Beweise zu sammeln, wenn eine Wiederholungstat befürchtet wird.

 

1.2. Muss die Kamera fest installiert oder darf sie schwenkbar sein?

Grundsätzlich sind beide Varianten denkbar. Bei der schwenkbaren Kamera sind aber zahlreiche weitere Punkte zu beachten, die noch erläutert werden. Am einfachsten ist also die Nutzung einer fest installierten Kamera. Sie verhindert auch Irritationen bei den Pächtern der benachbarten Parzellen bezüglich einer potentiellen Ausrichtung der Videokamera auf eine Nachbarparzelle.

 

1.3. Darf ich eine Kamera-Attrappe aufhängen, um Diebe von einem Einbruch abzuhalten?

Wenn mit der Kamera-Attrappe ausschließlich die eigene Gartenlaube oder Parzelle „überwacht“ wird, ist selbstredend auch der Einsatz eines Dummy möglich. Dieser darf aber ebenso wenig wie eine richtige Video-Überwachungskamera auf die öffentlichen Wege oder die Parzelle des Nachbarn gerichtet sein. Die Begründung liegt darin, dass für Außenstehende (hier: Besucher der Kleingartenanlage auf den öffentlichen Wegen oder Pächter der Kleingartenanlage) nicht wahrnehmbar ist, ob es sich um eine echte Kamera oder eine Attrappe handelt und somit der sog. Überwachungsdruck gleichzusetzen ist. Dieses führt zur Unzulässigkeit.

 

1.4. Gibt es bestimmte Voraussetzungen für die Videoüberwachung?

Ja, es dürfen ausschließlich die eigene Gartenlaube und die eigene Parzelle überwacht werden. Weder die Parzelle des Nachbarn noch die gemeinsamen Zugangswege innerhalb oder außerhalb der Kleingartenanlage dürfen im Sichtfeld der Kamera liegen. Hierbei darf die Nachbarparzelle oder der Zugangsweg auch nicht nur ausschnittsweise oder im Hintergrund zu sehen sein – jeglicher Bildausschnitt ist untersagt. Eine solche Beobachtung außerhalb der eigenen Parzelle würde gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht anderer Menschen – hier: das Recht auf informationelle Selbstbestimmung – verstoßen. Ein Recht, das im Grundgesetz geschützt ist und damit ein Verstoß keine Lappalie darstellt.

 

2. Persönlichkeitsrechte der gefilmten Personen

2.1. Was bedeutet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung?

 

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Es ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Datenschutz-Grundrecht. Jede Person darf selbst entscheiden, ob, wann und wie Dinge des persönlichen Lebens offenbart werden.  

Eine Videoaufzeichnung verletzt unter Umständen auch das Recht am eigenen Bild: Jeder darf selbst bestimmen, ob Videos oder Fotos von ihm in der Öffentlichkeit gezeigt oder verbreitet werden. Heimliches Filmen greift ebenso in das Recht am eigenen Bild ein wie eine Veröffentlichung der Aufnahmen ohne Erlaubnis des Gefilmten, etwa durch Hochladen in soziale Medien.

 

2.2. Wieso sind die Voraussetzungen für die Installation einer Überwachungskamera so streng?

Wie bereits beschrieben: Jedem steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Jeder muss sich in der Öffentlichkeit frei bewegen können, ohne das sein Verhalten jederzeit von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird.  

 

2.3. Wenn ich einen Einbrecher gefilmt habe – darf ich das Video dann ins Internet (soziale Medien) stellen, um Hinweise aus der Bevölkerung zu bekommen?

Dieses geht auf jeden Fall nicht. Es würde in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Täters eingreifen und den Täter sodann sogar zu Schadensersatzforderungen gegenüber dem Veröffentlicher berechtigen.

Das aufgezeichnete Videomaterial gehört in die Hände der Polizei und wird ihr bei der Ermittlung und dem Nachweis der Tat helfen.

 

2.4. Wann muss ich die Aufnahmen wieder löschen?

Wenn der Pächter nach den dargestellten Vorgaben ausschließlich seine eigene Gartenlaube und/oder Parzelle aufnimmt, existieren keine besonderen Vorgaben für das Löschen der Dateien.

 

2.5. Welche Rechte hat der Gefilmte?

a.) Der Betroffene kann sich gegen unerlaubte Videoaufnahmen wehren - notfalls auch gerichtlich.  Der Aufgenommene kann  verlangen, dass die Störung durch die Videoüberwachungsanlage sofort beendet wird (§ 1004 Absatz 1 Satz 1 und § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch) und noch existente Aufnahmen gelöscht werden.

Nicht in jedem Fall können Gefilmte, deren Persönlichkeitsrecht durch die Videoaufnahmen verletzt wurde, die Entfernung der Kamera vom verantwortlichen Pächter verlangen.  Es mag zukünftig auch nur eine Neuausrichtung der Kamera oder das Anbringen einer Sichtblende verlangt werden, wenn diese Maßnahme ausreicht, das rechtswidrige Filmen seiner Person zu verhindern.

 

b.) Bei Wiederholungsgefahr einer unzulässigen Videoaufnahme kann der Gefilmte von dem Filmenden verlangen, dass auch künftig keine Aufnahmen mehr von ihm gemacht werden (künftige Unterlassung, § 1004 Absatz 1 Satz 2 und Paragraf 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch).

 

c.) Der Gefilmte kann vom Filmenden Schadenersatz fordern, etwa für entstandene Anwaltsgebühren. Daneben hat er gegebenenfalls einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Höhe richtet sich nach der Schwere des Eingriffs. Schwer wiegt es etwa, wenn jemand seine unbekleideten Nachbarn unerlaubt in ihrem Garten beim Sonnen filmt.

 

3. Videoüberwachung außerhalb der Gartenlaube

3.1. Darf die Kamera auf öffentliche Wege gerichtet sein?

Im Regelfall nicht. Wenn die Kamera öffentliche Wege oder andere öffentliche Bereiche innerhalb oder außerhalb der Kleingartenkolonie im Visier hat, sind andere Pächter oder Besucher der Anlage von der Beobachtung betroffen. Auch diesen steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu, das durch die Videoaufnahmen verletzt würde.  

 

3.2. Muss ich darauf hinweisen, dass ich mein Grundstück überwache?

Alle Personen, die ihre Parzelle betreten und somit in den Blickwinkel der Videoüberwachung gelangen, sollten vor dem Eintreten in die Parzelle über die Kamera unterrichtet werden. Dieses kann durch ein Schild an der Gartenpforte erfolgen.  Diese Regelungen gelten entsprechend, wenn die Videoüberwachung nur innerhalb der Gartenlaube stattfindet.

Wird die Videoüberwachung nur in den Wintermonaten betrieben und ist die Kamera in den anderen Jahreszeiten nicht montiert (sondern abgebaut im Karton), so ist der Hinweis am Tor nur in den Zeiten der Montage nötig.

 

4. Welche Regeln gelten für Familienmitglieder?

Alle getroffenen Angaben zu den Rechten einer vor Videoaufnahmen zu schützenden Person gelten auch im Verwandtschaftsverhältnis. Ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darf bei Verwandten genauso wenig erfolgen wie bei Fremden. Kurz um: Alle Familienmitglieder und Verwandten, die sich im Garten aufhalten, müssten vor der Inbetriebnahme unterrichtet werden und ihre Zustimmung erteilen. 

 

Alle Angaben ohne Gewähr.

 

Der Vorstand des KGV Waldesgrün e.V.

 

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